Gedanken zum Wert Abenteuer

Sich auf etwas Unbekanntes einzulassen erfordert Neugierde und Mut. Der Beginn von etwas Neuem fasziniert mich immer wieder. Ein Umzug in eine neue Wohnung, ein neuer Job oder Auftrag in einem anderen Land, eine Begegnung mit einem Fremden: Noch ist nichts vertraut, alles ist offen, lädt ein zu Entdeckung und allmählichem Miteinander-Bekanntwerden.

Diese Aufbruchsstimmung habe ich gerne in meinem Leben und genieße es, ab und zu in etwas ganz Neues einzutauchen wie in ein anderes Element.

Abenteuerlust bedeutet für mich, meinem inneren Antrieb zur Entdeckung zu folgen. In diesem Sinne liebe ich Abenteuer. Ein bisschen Gefahr ist auch immer dabei.

Oft bringt mich dieser Antrieb dazu zu reisen, fremde Sprachen, Gerüche, Klänge und Bilder in mich aufzunehmen und mich selbst darin ganz anders zu erleben, mich darin neu handeln zu sehen und neue Seiten an mir zu entdecken. Auch wenn sich mitunter unerwartet Seiten zeigen, die bisher im Verborgenen geblieben sind…

Kleines Abenteuer in Alexandria

Als ich vor vielen Jahren mit meinem damaligen Mann in seiner Heimat, Ägypten, zu Besuch war, blieben wir für einige Tage in Alexandria und durften die Sommerwohnung seines Schwagers nutzen. Im Fahrstuhl zum siebten Stock hingen lose Kabel. Eine Ratte huschte über den Hof. In der Wohnung Kitsch, Goldrahmen, Prunksessel. An einem Abend wollte mein Mann noch spazieren gehen, ich war zu müde. Um mich zu beschützen, schloss er in Gedanken versunken die Tür hinter sich ab.

Kaum hatte er den Schlüssel abgezogen, wurde mir heiß. Mein Herz klopfte und ich hörte das Blut in den Ohren rauschen. Ich befand mich in Alexandria in einer Wohnung im Dachgeschoss. Die Adresse kannte ich nicht, kein Geld, keinen Schlüssel, kein Telefon. Wen hätte ich auch anrufen sollen? Die Uhr tickte.
Vom Balkon aus sah ich auf die Menschenmenge unten, bei dem Verkehr hätte mich niemand gehört. Ein Mann verprügelte seinen Esel, Autos fuhren mit wenigen Zentimetern Abstand laut hupend bei Rot langsam weiter, während ein Polizist, ausgestattet mit bedeutungsvoll blinkenden Lämpchen auf seiner Weste, einen Fußgänger zurückpfiff. Eine Familie machte mitten auf der Straße ein Picknick, ein Teeverkäufer rannte zwischen den Autos hindurch und vom Ende der Straße näherte sich eine Hochzeitsgesellschaft mit Musikanten, ein lärmendes Spektakel.

Sicher kommt er gleich zurück, dachte ich. Und wenn er überfahren wird? Niemand weiß, wo ich bin. Auf der anderen Seite der Wohnung blickte ich auf unmittelbar angrenzende Häuser mit Flachdächern voller Müll. Offensichtlich hatte jeder Bewohner eine eigene Satellitenschüssel oder wenigstens eine Antenne hier aufgestellt und mehr oder weniger provisorisch befestigt.

Wenn er in zwei Stunden nicht zurück ist, werde ich auf das nächste Dach springen und diese Antennen verbiegen, abknicken, umdrehen. Unten wird jemand die Störung bemerken und aufs Dach steigen, hoffte ich. Wenn jemand zu Hause ist. Danach könnte ich anfangen, kleinere Möbel wie Beistelltischchen, Hocker und Lampen aus dem Fenster zu werfen, sodass jemand vielleicht zu mir hochsehen und die Polizei rufen würde.

Ich tigerte durch die Wohnung und hob prüfend ein kleines Tischchen hoch, als sich der Schlüssel im Schloss umdrehte. Mein Mann hatte nur eine Tüte Pistazien vom Straßenhändler geholt. Als ich meinem Schwager Tage später davon erzählte, antwortete er nur gelassen: „Dann hätte ich eben neue Möbel gekauft, Inschallah“, was so viel heißt wie „so Gott will“.

Vielleicht liegen die wirklichen Abenteuer in uns selbst.
Stellen Abenteuer einen Wert in Ihrem Leben dar und wann haben Sie zuletzt ganz neue Seiten an sich entdeckt? Erzählen Sie mir die verrückteste Begegnung Ihres Lebens.