PorträtMünster im Frühjahr 2014, eine ruhige Wohngegend, schöne Altbauten, die Einkaufsstraße zu Fuß erreichbar. Wir sitzen im Haus von Katharina Becker. Man sieht sofort, dass hier eine Innenarchitektin Hand angelegt hat: helle, weitläufige Räume, geschmackvolle Materialien, große Gemälde und eine reduzierte Einrichtung, die dem Auge Ruhe gönnt und doch behaglich wirkt.

Als Tochter zweier Mediziner schien ihre Laufbahn vorherbestimmt. So absolvierte sie nach dem Abitur eine Ausbildung im medizinischen Bereich und entdeckte schnell ihre Begabung, Organisationsabläufe zu optimieren, gepaart mit einem zeichnerischen Talent. Als sie mit Anfang Zwanzig ihre Mappe einreichte, um sich auf einen Studienplatz für Innenarchitektur zu bewerben, gehörte sie bereits zu den älteren, berufserfahrenen Studenten. „Ich musste mich nicht mehr künstlerisch verwirklichen, sondern konnte sehr schnell das Wesentliche erfassen und abbilden. Das kommt meinen Auftraggebern zugute.“ Frau Becker nippt an ihrem Kaffee, während sie einem Handwerker Anweisungen gibt: „Die Lampe noch etwas tiefer, bitte.“ Die neue Decken- und Stehlampe harmonieren perfekt mit der schlichten Eleganz der weißen Küchenzeile. Schieferfarbene Bodenfliesen grenzen den Küchenbereich vom Wohnraum ab, der mit hellem Parkett ausgelegt ist und den Blick bis in den Garten hinein freigibt. Wir sitzen an einem langen Holzblock, der als Küchentisch dient, schlichte Holzbänke mit Sitzkissen laden zum Verweilen ein. „Ich liebe Oberflächen“, schwärmt Frau Becker, während sie über das Holz streicht.

Wie viele ihrer Projekte hat Katharina Becker ihr Haus völlig entkernt und dann von Grund auf behutsam modernisiert. Eine feste Truppe von deutschen und polnischen Handwerkern und Bauarbeitern bildet ihr Team, auf das sie sich verlassen kann. Anders als die meisten Innenarchitekten arbeitet Frau Becker auf Stundenbasis. Ihre Auftraggeber profitieren davon, jederzeit flexibel zu entscheiden, wie lange die Zusammenarbeit unter ihrer Bauleitung laufen soll. „Keine Projektbindung und dazu noch die günstigeren Stundenlöhne – so können meine Kunden den größten Teil ihres Budgets wirklich in den Bau investieren.“ Der Elektriker hat seine Arbeit beendet und nimmt sich einen Kaffee. Frau Becker nickt zustimmend. „Ganz ehrlich – am Bau passiert immer etwas Unvorhergesehenes. Aber auf meine Jungs ist Verlass. Und wenn es Änderungswünsche oder Korrekturen gibt, bekommen wir das schon hin.“

Ihre mädchenhafte Silhouette und der locker hochgesteckte Zopf lassen nicht vermuten, dass Katharina Becker inzwischen über jahrzehntelange Erfahrung als Innenarchitektin, Bauleiterin und Gutachterin verfügt. Aus dem Effeff vergleicht sie die Preisangebote für eine Lieferung von Bodenplatten, die ihre Mitarbeiterin auf dem Handy übermittelt. „Manche Kunden möchten bei mir nur Material bestellen und wissen, dass ich günstig liefern kann.“ Warum sie Innenarchitektin aus Leidenschaft ist? „Man kann das schlecht erklären“, antwortet sie. „Ich habe eine ganze Weile dafür gebraucht, aber jetzt sehe ich sofort, ob eine Linie funktioniert oder nicht. Das unterscheidet einen Anfänger von einem Könner.“ Sie lächelt. „Und ich liebe die Auseinandersetzung mit Handwerkern. Sie sind einfach so hilfsbereit.“

„Morgen bringe ich den Schalter zur Beleuchtung des großen Gemäldes im Eingangsbereich an“, schlägt der Elektriker vor und verabschiedet sich. „Was wäre ich ohne meine Jungs?“, fragt sich Frau Becker leise, während ich ihr in den Garten folge. Wir setzen uns einfach auf die Treppe in die Sonne. Die Stühle sind noch nass. Innenarchitektin mit Blick für das Wesentliche, denke ich und strecke die Beine aus.