Gedanken zum Wert Ansässigkeit

Im Sommer 1972 war ich acht Jahre alt. Meine Eltern und ich verbrachten jedes Jahr einige Wochen am Meer, und ich erinnere mich noch sehr gut an unsere Rückkehr. Am Düsseldorfer Flughafen: Regen, Dunkelheit, ein Gefühl, als hätte jemand einen Deckel auf den Himmel gesetzt und wir wären darunter gefangen.

Ich weinte fürchterlich, als wir im Taxi durch die Großstadt nach Hause fuhren und fragte immer wieder, warum ich nicht in Griechenland geboren bin und ob wir nicht dort leben könnten. Deutschland, das Ruhrgebiet, Essen erschienen mir lange Zeit danach noch trist, dumpf, unerträglich und ich lebte nur auf den erfüllenden Moment hin, endlich wieder unter weitem Himmel am Meer zu stehen.

Reisen, Umzüge, Jobwechsel und die Grundstimmung meiner Eltern, die ihre Heimat im Krieg verloren hatten, ließen mich selbst heimatlos werden. Ich ging mit großen Schritten, den Blick immer in die Zukunft gerichtet. Mein Leben war vorübergehend da oder dort. Meine Heimat fand ich immer wieder in meiner Sprache, in der Musik auf andere Weise. Ich hätte sie gerne auch in einer großen und beständigen Liebe gefunden. Schon lange warte ich. Geduldig und aufmerksam halte ich mein Herz wach.

Jetzt lebe ich wieder in der Stadt meiner Kindheit – provisorisch, vorübergehend und doch geborgen, ansässig. Mein Leben mit einem Platz zu verbinden entspricht derzeit meinem Naturell. Mit großen Schritten gehe ich immer noch der Zukunft entgegen, beheimate mich im Schreiben. Und fühle, dass ich langsam ankomme. Ich bin bei mir zu Hause.

„Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muß.”
(Johann Gottfried von Herder)